Versuchsstand Hochtemperatur-Wärmepumpe

In etwa die Hälfte des Endenergieverbrauches in Deutschland wird für Wärmeanwendungen (Heizen und Prozesswärme) aufgebracht. Ein Großteil dieser Energie stammt zum heutigen Zeitpunkt noch aus fossilen Quellen und verursacht somit CO2-Emissionen. Eine Möglichkeit sowohl industrielle Prozesswärme bis 200°C als auch Fernwärme zu dekarbonisieren, bieten Hochtemperatur-Wärmepumpen, die in Zukunft mit erneuerbar erzeugtem Strom betrieben werden können. Damit der Einsatz von Hochtemperatur-Wärmepumpen gelingt, braucht es effiziente Kreislaufprozesse und gleichzeitig qualifizierte Fachkräfte, die diese einbauen, bedienen und warten können.
Im Teilprojekt 6 des KETEC-Verbundvorhabens werden beide diese Herausforderungen adressiert. Deswegen untersuchen Forscherinnen und Forscher am Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme in Freiburg die Machbarkeit von Hochtemperatur-Wärmepumpen mit natürlichen Kältemitteln, hier n-Butan (R600), und Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz. Die Untersuchungen erfolgen mit einem Wärmepumpen-Funktionsmuster, welcher gleichzeitig als Lernprüfstand geplant ist. Diese Wärmepumpe ermöglicht die Bereitstellung von Nutzwärme mit bis zu 140 °C und mit einer Wärmeleistung von ca. 40 kW. Der Aufbau wurde im Mai 2024 fertiggestellt und in die Infrastruktur des Labors am Fraunhofer ISE in Freiburg integriert. Aktuell findet die Inbetriebnahme des Lernprüfstandes statt. Zur Wärmepumpe gehört ein spezielles Hydraulikmodul. Das Hydraulikmodul übernimmt bei den umfangreichen Untersuchungen die anlagentechnische Simulation verschiedener Wärmequellen. Bei den ersten Tests konnten eine Nutztemperatur von über 130 °C und Temperaturhübe bis 90 K zwischen der Wärmequelle und -senke erzielt werden. Sowohl das Wärmepumpen-Funktionsmuster als auch das Hydraulikmodul sind mobil und sollen in Zukunft in Reichenbach betrieben werden.
Eine Besonderheit des Wärmepumpenfunktionsmusters ist der komplexe Aufbau mit vielfältigen Verschaltungsmöglichkeiten. Dieser besteht aus zwei Verdichtern, einem Verflüssiger, einem Unterkühler, einem internen Wärmeübertrager und zwei Verdampfern. Durch das Hinzuschalten eines Economizers (sowohl offen als auch geschlossen) kann das Arbeitsmedium (R600) zweistufig verdichtet werden. Der einfache Kreislauf mit vier Komponenten, so wie er häufig auch in der Kältetechnik eingesetzt wird, gilt als Referenz für den Vergleich der Verschaltungen. Zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass die Verwendung eines internen Wärmeübertragers eine leicht umsetzbare und kostengünstige Möglichkeit zur Steigerung der Effizienz ist. Die zweistufige Verdichtung ist gerade bei hohen Temperaturhüben zwischen der Wärmequelle und -senke von Vorteil. Dabei kann je nach Verschaltung, ob mit offenem oder geschlossenem Economizer das Heißgas der ersten Verdichtungsstufe gekühlt oder weiter überhitzt werden. Die Parallelverdichtung wird im Allgemeinen zur Leistungssteigerung eingesetzt. Daraus ergeben sich vier Hauptbetriebsmodi:

  • einfacher Kreislauf,
  • geschlossener Economizer,
  • offener Economizer und
  • Parallelverdichtung;

mit jeweils der Möglichkeit, den internen Wärmeübertrager und einen zweiten Verdampfer hinzuzuschalten sowie den Unterkühler zu umgehen.
Außerdem kann während des Betriebes das Arbeitsmedium in einen abgetrennten Behälter ein- und ausgelagert werden, um Störsituationen wie Über- oder Unterfüllung zu veranschaulichen. Die zahlreichen Sensoren und Schaugläser ermöglichen die Nachverfolgung der Zustandsänderungen innerhalb des Kreislaufes und helfen somit die thermodynamischen Zusammenhänge auch für komplexe Verschaltungen und Störsituationen nachzuvollziehen. Ergänzend dazu erstellt das Forschungsteam derzeit ein digitales Lernmodul, das Grundlagenwissen zu (Hochtemperatur-) Wärmepumpen vermittelt und auf Arbeiten mit dem Wärmepumpenfunktionsmuster vorbereitet. Der physikalische Aufbau gekoppelt mit dem digitalen Lernmodul bieten somit einen gewinnbringenden Einsatz in der Lehre (Teilprojekt 13).
Im nächsten Schritt arbeitet das Forschungsteam daran, den Betrieb in den einzelnen Betriebsmodi zu stabilisieren sowie verschiedene Regelungsstrategien zu analysieren. Die Ergebnisse der Messungen werden Ende November auf der DKV-Tagung in Dresden präsentiert.

 

Text: Hannah Teles de Oliveira (ISE)

 

 

Fotos: Hannah Teles de Oliveira (ISE)

 

 

 

KETEC - Forschungsplattform Kälte- und Energietechnik