Probleme und Motivation
Für die Auslegung und Dimensionierung kältetechnischer Anlagen muss das thermophysikalische Verhalten der eingesetzten Kältemittel genau bekannt sein. Während dieses Verhalten für die meisten Kältemittel als Reinstoffe vergleichsweise gut bekannt ist, gibt es erhebliche Defizite für Mischungen, insbesondere wenn diese mehrphasig auftreten. Zudem müssen die Verdichter in den jeweiligen Anlagen geschmiert werden, sodass sich Kältemittel-Öl-Stoffsysteme ergeben, die sich nur sehr schwer thermophysikalisch charakterisieren lassen. Trotzdem muss eine experimentelle Charakterisierung erfolgen, damit darauf basierend Stoffdatenmodelle für die Prozesssimulation und Anlagenauslegung entwickelt werden können.
Abbildung 1 zeigt ein p,T-Diagramm, in dem berechnete Dampfdruckkurven unterschiedlicher Kältemittel [1] dargestellt sind, um das unterschiedliche Phasenverhalten zu veranschaulichen. Darüber hinaus ist die Sättigungslinie einer Mischung gezeigt (1 mol-% C10H22 im Kältemittel R1234yf), um einen Eindruck darüber zu vermitteln, dass bereits eine geringe Menge an Schmierstoff/Öl im Kältemittel (hier C10H22 stellvertretend gewählt, weil die derzeit genauesten Stoffdatenmodelle nicht mit Schmierstoffen rechnen können) eine signifikante Veränderung des Phasenverhaltens hervorrufen kann. Im Gegensatz zum reinen Stoff sind Siede- und Taulinie für eine Mischung im p,T-Diagramm nicht mehr kongruent.
Ansatz und Aufgaben
In realen kältetechnischen Prozessen ist die Zusammensetzung des eingesetzten Stoffsystems während der einzelnen Prozessschritte nicht konstant. Dieses dynamische Stoffverhalten soll gezielt untersucht werden, indem Maschinen für Forschungszwecke so instrumentiert werden, dass die relevanten Stoffdaten während des Betriebs mit hinreichender Messunsicherheit ermittelt werden können. Es sollen mehrere Maschinen parallel (z. B. mit unterschiedlichen Verdichtern) mit verschiedenen Kältemitteln betrieben werden, um die Unterschiede im thermophysikalischen Stoffverhalten und eine damit verbundene Veränderung der Maschinenperformance untersuchen zu können.
Für diese Aufgabestellung sind geeignete Untersuchungsmethoden und eine hinreichend genaue Inline-Messtechnik im Wesentlichen nicht verfügbar. Deswegen müssen spezielle Messmessmethoden auf den Weg gebracht werden.
Die gewonnenen Messdaten sollen für die Entwicklung von Stoffdatenmodellen genutzt werden, die schließlich in einschlägige Prozess-Simulationssoftware (wie z. B. EBSILON Professional) eingebunden werden sollen. Es ist beabsichtigt, die Voraussetzung zu schaffen, den Betrieb existierender Maschinen realitätsnah zu untersuchen und zu optimieren, die Energieeffizienz zu steigern und letztlich bessere Maschinen zu entwickeln.
Stand und Ergebnisse
Die technische Planung der ersten Kältemaschine mit dem Kältemittel Propan ist abgeschlossen. Als Nächstes erfolgen der Aufbau und die Inbetriebnahme. Der Aufbau umfasst die Einbindung der spezi-ellen Inline-Messtechnik zur Erfassung des thermophysikalischen Verhaltens im Kältemittelkreislauf. Die erforderlichen Einbau-Spezifikationen wurden mit den Herstellern zur Bestimmung präziser Messwerte für die Stoffdatenmodellierung individuell abgestimmt. Folgende Messgrößen werden neben Druck und Temperatur in der Kältemittelleitung (Flüssigphase) berücksichtigt:
- Schallgeschwindigkeit,
- Dichte,
- Viskosität,
- Massenstrom.
Bis zum Betrieb der Propan-Kältemaschine werden u.a. Messdaten vom ILK Dresden zur Anpassung der Stoffdatenmodelle verwendet. Aktuell weist das Modell für Öle eine bessere Vorhersagegenauig-keit auf als das Modell für Propan-Öl-Gemische, was Gegenstand weiterer Untersuchungen ist. Die neuen Stoffdatenmodelle werden im weiteren Projektverlauf in die Prozess-Simulationssoftware EBSI-LON Professional integriert. Damit wird erstmalig eine digitale Optimierung von Kältemaschinen basie-rend auf Stoffdatenmodellen speziell für Kältemittel-Öl-Gemische möglich sein. Zur Validierung des Phasenverhaltens des Arbeitsmediums in der Kältemaschine sind drei individuelle Sichtzellen im Hoch- sowie Niederdruckbereich eingebunden. Der Fokus liegt primär in der planparal-lelen Hochdruck-Sichtzelle aus Saphirglas nach dem Ölabscheider, um das Kältemittel-Öl-Gemisch über hochauflösende optische Messtechnik zu beobachten.

Veröffentlichungen
Yang, X.; Xiao, X.; Thol, M.; Richter, M.; Bell, I. H.
Linking Viscosity to Equations of State Using Residual Entropy Scaling Theory
Int J Thermophys 2022, 43 (12), 183. https://doi.org/10.1007/s10765-022-03096-9
Quellen
- E.W. Lemmon, H.I. Bell, M.L. Huber, M.O. McLinden, NIST Standard Reference Database 23: NIST Reference Fluid Thermodynamic and Transport Properties Data (REFPROP): Version 10.0 (2018).